Schade schade...
... und wieder muss der Schreiber dieser Zeilen über
eine Niederlage berichten, die diesmal mit an Wahrscheinlichkeit
grenzender Sicherheit unseren Abstieg aus der Oberliga bedeutet.
Nach etwas über zwei Stunden stellte ich die Uhr ab.
Ich fand keinen überzeugenden Weg mehr, der dreifachen Stellungswiederholung
auszuweichen, ohne schlechter zu stehen. Objektiv wohl gerechtfertigt
– mein Computer bewertet die Stellung mit 0.00 – aber natürlich
auch zweischneidig in so einem wichtigen Kampf.
Allerdings sah es zu diesem Zeitpunkt durchaus viel versprechend
für uns aus. Jens stand eigentlich schon auf Gewinn. Bei
Matze sah ich bereits einen Figurengewinn (der allerdings
nicht funktioniert hätte, wie man mir später erklärte).
Holger stand sehr bequem und konnte risikolos weiter Druck
machen. Jan Hendrik spielte mit gutem Springer gegen schlechten
Läufer auf zwei Ergebnisse. Michael schien mir mindestens
genug Spiel für seinen geopferten Bauern zu haben. Lediglich
Tobi war mit einer ziemlich unangenehmen Stellung aus der
Eröffnung gekommen, während bei Jeronimo noch alles Mögliche
passieren konnte.
Eine Weile später kam es dann auch bei Michael und Holger
jeweils zum Remis. Keine Ahnung, ob da mehr drin war; jedenfalls
war es den Gegnern gelungen, ihre Stellungsprobleme zu lösen.
Allerdings war zu diesem Zeitpunkt schon eine kleine
Vorentscheidung gefallen. Leider hatte Matze in einer mit
diversen taktischen Motiven aufgeladenen Stellung einen
Einschlag übersehen, der eine Figur kostete. Er kämpfte
wacker weiter, konnte den Rückstand aber letztlich nicht
verhindern.
Kurz danach hielt auch Tobi die Uhr an, nachdem der Gegner
sein positionelles Übergewicht zu Materialgewinn verdichtet
hatte.
Damit stand es 1,5:3,5 und es durfte nichts mehr schiefgehen.
Trotzdem bestand durchaus noch Hoffnung: Jens überrollte
seinen Gegner am Königsflügel, Jan Hendrik knetete das Endspiel
und Jeronimos Stellung blieb unübersichtlich.
Zunächst verkürzte Jens auf 2,5:3,5. Das sah sehr überzeugend
aus, wie er die Passivität seines Gegners ausnutzte und
es dann auch vollstreckte.
Die Entscheidung fiel dann bei Jeronimo. Sein Königsangriff
schlug letztlich nicht durch und wurde in Zeitnot entscheidend
gekontert. Damit stand es 2,4:4,5 und der Kampf war verloren.
Jan Hendrik knetete das Endspiel noch eine Weile weiter,
traute sich aber am Ende nicht, die wohl Gewinn bringende
Idee zu verwirklichen – verständlich, schließlich spielte
er wie so oft nur noch auf Inkrement und es ging um nichts
mehr. Damit 3:5.
Damit belegen wir mit drei Mannschaftspunkten den 9.
Platz. Das dürfte nach menschlichem Ermessen zu wenig für
den Klassenerhalt sein, auch wenn man in der kommenden Woche
noch auf bestimmte Fügungen in der Verbandsliga Mecklenburg-Vorpommern
hoffen kann, deren Eintrittswahrscheinlichkeit das Liga-Orakel
mit 2,6% beziffert. Na ja – letztlich sind 3 Mannschaftspunkte
schlichtweg zu wenig.
Trotzdem sollte man in der Bewertung der Spielzeit berücksichtigen,
dass wir nach Brettpunkten sogar besser abgeschnitten haben
als letzte Saison und genauso gut wie in der vorletzten.
Insofern haben wir nicht schlechter Schach gespielt, wohl
aber in den entscheidenden Momenten zu viele Chancen liegen
gelassen. Wer die Berichterstattung hier mitverfolgt hat,
dürfte sich insbesondere an die Kämpfe gegen SKJE, Schachfreunde
sowie auch heute gegen Preetz erinnert fühlen.
Und was bleibt sonst noch von dieser Saison?
Zunächst wären da einige Dinge, die man lernen kann:
- Autobahn-Fastfood ist kein Ersatz für eine Bratkartoffel,
und griechisches Essen funktioniert ohne Tsatsiki genauso
wenig wie Pasta ohne Parmesan
- Wer ein kostenloses Brötchenbüfett leerräumt, sollte
dabei sorgfältig zwischen Trauben und Oliven unterscheiden
- Manche Gespenster sind realer als andere, aber nicht
immer leicht zu unterscheiden
- Die 50- und 75-Züge-Regeln finden nur Anwendung,
wenn keine Figuren geschlagen und keine Bauern gezogen
werden
- 7-stündige Partien lassen sich ohne Nierensteine
deutlich besser aushalten
Und, sehr wichtig: Bevor man auf der Toilette zwiespältige
Angebote unterbreitet, sollte man immer erst mal schauen,
wer da gerade hereingekommen ist!!
... und ansonsten natürlich wieder diverse Kuriositäten:
- Remis à la Hawellek: Die Punkteteilung kommt zustande,
wenn beide Spieler keinen Bock mehr haben. Aber das
muss nicht immer zum selben Zeitpunkt der Fall sein!
-
Rache à la Müller: „Mein Gegner hat mich besiegt,
also esse ich alle seine Brötchen auf“
-
Basar à la Diekmann: „Wollen wir Farben tauschen?
Wollen wir Plätze tauschen?“ (Nein, Jens, es ist nicht
erlaubt...)
-
Verplantheit à la Peschke: Matze erkundigt sich zu
Beginn der 9. Runde (!) nach der Bedenkzeitregelung...
-
Heterogenität à la SKM: Jeder stellt die Springer
anders hin: auf 90°, 45° (!!) oder einander zugewandt,
damit man bis ins Endspiel sehen kann, wo der Springer
hergekommen ist
Insgesamt hat es wieder viel Spaß gemacht als Teil dieser
Mannschaft in der Oberliga dabei zu sein, und ich freue
mich schon auf die neue Saison ab Herbst, auch wenn es dann
wohl eine Etage tiefer weitergeht. (CR/15.04.)
Schachliches
In meiner Vorbereitung stieß ich auf eine Partie meines
Gegners vom letzten Jahr, in der er in einer meiner präferierten
Varianten ein Remis abholte. Die Stellung war aber klar
besser für Weiß und insofern folgten wir dieser Partie bis
zum 12. Zug bevor ich ein paar Verbesserungen anbringen
konnte.
Nach dem 17. Zug von Schwarz war folgende Stellung entstanden:
Diekmann, Jens (2058) - Kornrumpf, Joachim (2084)
GER - chT OL Nord Nord (9.7), 15.04.2017 [JD]
XABCDEFGHY
8r+-+-snk+( 7+lwq-vlrsnp' 6pzp-zppzpp+& 5+-zp-+-zPP%
4-+P+PzPQ+$ 3+-sNPvL-sN-# 2PzP-+-+L+" 1tR-+-+RmK-!
xabcdefghy
18.f5! gxf5 19.exf5 fxg5 20.fxe6 Txf1+ 21.Txf1 Lxg2
22.Kxg2 h6? 23.Df3! [und nun greift Weiß den Turm auf
a8 an und dringt über f7 ein.]
23...Te8 24.Df7+ Kh8 25.Sd5 Db7 26.Se4 [ein hübscher
Zug der die Fesselung aufhebt und zudem eine Falle aufstellt,
in die der Gegner sogleich hinein tappt.]
26...Sfxe6?
XABCDEFGHY 8-+-+r+-mk( 7+q+-vlQsn-'
6pzp-zpn+-zp& 5+-zpN+-zpP% 4-+P+N+-+$ 3+-+PvL-+-#
2PzP-+-+K+" 1+-+-+R+-! xabcdefghy
27.Sxd6! Tf8 28.Dxf8+ Lxf8 29.Sxb7 [und
Weiß hat einen ganzen Turm mehr.]
1–0 (JD/15.04.)
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