Zweiter Saisonsieg gegen Weiße Dame
Wie schon oft hatte uns die Auslosung gegen Weiße
Dame ein Auswärtsspiel eingebracht. Da Jens beim
NHL-Europawochenende in Stockholm war, kam Friedrich zu
seinem ersten Saisoneinsatz, während unsere Gegner sogar
die erste Acht aufbieten konnten. Trotzdem waren wir
nominell Favorit, zumal wir am Vortag noch mit Jonathan
das Erkennen kritischer Stellungen geübt hatten. Davon
zeigten sich im Wettkampf schon bald genug...
Jonathans Partie war früh in ein Endspiel
übergegangen, in dem er zwar das Läuferpaar, aber wegen
seiner Bauernschwächen keinen Vorteil besaß. Kubi hatte
gegen den Weiße Dame-Neuzugang Akca einen offenen
Sizilianer mit heterogenen Rochaden, wobei aber die
Angriffsmöglichkeiten einseitig auf Seiten seines
Gegners lagen. Ich spielte gegen Georg Lansky, der in
den letzten Jahren während seiner Promotion mein
Mannschaftskamerad im Betriebsschach bei den Gerichten
war, nun aber für sein Referendariat nach Mecklenburg
zuückgekehrt ist. Nachdem Georg in der Eröffnung ein
paar Springerzüge zu viel gemacht und zugleich die
schwarzen Felder zu sehr aus dem Blick verloren hatte,
ergaben sich für mich Angriffschancen, ohne dass für
meinen Gegner irgendein Gegenspiel zu sehen war.
Christoph R. hatte eine sehr unbequeme sizilianische
Struktur, die er gegen das Läuferpaar von Peter-Rene zu
verteidigen versuchte. Jan Hendrik erreichte eine
Karlsbader Struktur, die dem Rechner gut gefällt, ohne
dass aber offensichtlich war, wie es für ihn weitergehen
sollte. Michael fand ein interessantes Springeropfer in
einer königsindischen Struktur. Nachdem sein Gegner zur
Beruhigung der Lage eine Qualität gab, erreichten die
Kontrahenten eine sehr komplexe Stellung mit gleichen
Aussichten und verbrauchten dafür einiges an Zeit. Am
meisten sagte mir (außer meiner eigenen) Matzes Stellung
zu, in der zwar sein Gegner den einzigen Freibauern
besaß, aber Schwierigkeiten hatte, seinen Springer ins
Spiel einzubeziehen. Friedrich hatte etwas weniger Raum,
konnte dafür aber die Zentrumsbauern des Gegeners unter
Druck setzten und profitierte zudem von der besseren
Königsstellung.
Ich konnte uns erwartungsgemäß in Führung bringen,
die aber bei Michael wieder ausgeglichen wurde. Nachdem
der zwischenzeitlich eingetroffene Jens schon eine
Mattmöglichkeit zugunsten von Michaels Gegner entdeckt
hatte, die noch ungenutzt blieb, überschritt Michael die
Zeit. Die Zeit wurde dann auch in Jan Hendriks Partie
zum Thema, denn plötzlich gewährte die Uhr beiden
Spielern eine Extrabedenkzeit von 50 Minuten, obwohl die
40 Züge noch nicht erreicht waren und auch keiner der
Spieler zuvor die Zeit überschritten hatte. Als
Schiedsrichter Andi Albers sich dieses Phänomen genauer
ansehen wollte, gab die Uhr gleich gänzlich den Geist
auf. Andi entschied pragmatisch, dass die Partie mit
zwei Minuten Grundbedenkzeit pro Spieler (und natürlich
einer anderen Uhr) fortgesetzt wird. Matthias brachte
uns derweil wieder in Führung. Er hatte sich
zwischenzeitlich auf der d-Linie auch einen Freibauern
verschafft, den er aufgrund der unkoordinierten Position
der gegnerischen Figuren bis zur gegnerischen Grundreihe
treiben konnte. Christoph vermeldete ein Remis, nachdem
es ihm gelungen war, die beiden stärksten Figuren des
Gegners abzutauschen.
Jan Hendrik fand sich nach Wiederaufnahme anscheinend
besser als sein Gegner wieder in die Stellung hinein:
Mit dem Kontrollzug 40.Sf6 schaffte er es, zugleich
beide gegnerischen Türme anzugreifen und ein undeckbares
Matt aus h7 (oder wahlweise g8) zu drohen. Mehr kann man
von einem Zug wohl kaum verlangen...
Doch selbst das 3,5:1,5 sorgte nur begrenzt für
Sicherheit, denn bei Kubi zeichnete sich in einem Damen-
und Läuferendspiel mit drei Minusbauern das für uns
ungünstige Ende schon lange ab. Jonathan versuchte zwar
im Turmendspiel bis zum letzten Bauern, etwas
herauszupressen. Am Ende standen aber nur noch die
beiden Könige auf dem Brett. Beim Stand von 4:3 verblieb
damit Friedrich die unangenehme Aufgabe, sein Endspiel
zusammenhalten zu müssen. Zur Zeitkontrolle hatte ich
dies für eine einfache Übung gehalten, doch nachdem der
gegnerische Springer tief in Friedrichs Stellung
gelandet war, merkte auch ich, dass eine präzise
Verteidigung Not tat.
Purniel Umpierre,Christian (1990) - Koenig,Friedrich
Theodor (1954) [A25] LLHH 2324 SK Weisse Dame -
SK Marmstorf (2.8), 19.11.2023
[Jeronimo]
[Event "LLHH 2324 SK Weisse Dame - SK Marmstorf"]
[Site "?"]
[Date "2023.11.19"]
[Round "2.8"]
[White "Purniel Umpierre, Christian"]
[Black "Koenig, Friedrich Theodor"]
[Result "1/2-1/2"]
[ECO "A25"]
[WhiteElo "1990"]
[BlackElo "1954"]
[Annotator "Jeronimo"]
[SetUp "1"]
[FEN "8/2p2bk1/1p1p3p/1P1P1Bp1/2P3P1/2K4P/5N2/2b5 b - - 0 66"]
[PlyCount "47"]
[EventDate "2023.??.??"]
{[%evp 0,47,18,18,26,20,20,20,26,26,20,17,20,17,17,17,17,20,20,20,17,20,20,20,15,20,17,16,12,17,14,16,14,14,3,14,7,7,7,7,3,3,3,14,3,14,0,0,0,0]} {[#] Wir blenden uns ein vor dem 66. Zug von Schwarz. Das Endspiel ist offensichtlich Remis, wenn es Friedrich gelingt, einen der beiden Läufer gegen den Springer zu tauschen. In diesem Sinn scheint es mir am einfachsten, den schwarzfeldrigen Läufer nach c5 zu stellen, um dem Springer den Weg Richtung a6 zu versperren. Dann bleibt als einziger Weg in die gegnerische Stellung, den Springer nach f5 zu führen. Vermutlich kann Schwarz es schon so einrichten, dass er zuvor je nach Wegzug des weißen Läufers seinen nach d7 oder g6 stellt, um den eindringenden Springer zu schlagen. Alternativ kann man auch den König nach f6 stellen, sobald der weiße Springer auf g3 auftaucht und auf Sf5 mit h5 reagieren, da der Springer dann auf f5 nichts mehr ausrichten kann. Friedrichs Fortsetzung ändert an der Stellungsbewertung nichts, macht aber die Verteidigung schwieriger:} 66... Bf4 67. Nd3 Bg3 68. Kd4 Kf6 69. Nb4 Ke7 70. Na6 Kd8 71. Ke4 Be5 72. Bh7 {Mittlerweile sind die Spieler am Ende ihrer Restbedenkzeit angekommen. Friedrich musste den König nach d8 bringen um den Bauern c7 zu verteidigen und muss nun präzise spielen, um zu verhindern, dass der weiße König entscheidend eindringt.} Bg7 ({Ich hätte hier} 72... h5 $4 {gespielt mit der Idee, dass ich mir dann nur noch um einen Bauern am Königsflügel Gedanken machen muss und dass dieser sich nach Kf5 mit Lf4 bequem decken ließe, aber Weiß gewinnt daraufhin, weil er seinen Springer so zurückführen kann, dass dieser den g5 ein zweites Mal angreift.} 73. Kf5 hxg4 74. hxg4 Bf4 75. Bg6 Bxg6+ ({nach} 75... Bg8 76. Kf6 {geht der Läufer auf g8 oder der Bauer auf g5 verloren.}) 76. Kxg6 {und der Springer wird früher oder später den g5 erreichen, z.B.} Bd2 77. Nb8 Ke8 78. Nc6 Be3 79. Nb4 Bc1 80. Nd3 Bd2 81. Nf2 Bf4 82. Ne4) 73. Kf5 Kd7 74. Bg6 Bg8 75. Nb8+ Kd8 76. Bh5 Bh7+ {Einziger Zug, weil Schwarz in jedem Fall Kg6 verhindern muss. Hier hätte Friedrichs Gegner (übrigens der Sohn von unserem Rolf Meyer) statt der Partiefortsetzung [#]} 77. Bg6 {noch einen genialen Gewinnversuch starten können:} (77. Ke6 $5 Bd3 78. Nc6+ Kc8 79. Be8 Bxc4 80. Bd7+ Kb7 81. Ne7 Bf1 $4 (81... Kb8 82. Nf5 Bc3 83. Nxh6 Bf1 84. Kf5 Bxh3 85. Kxg5 {und die Stellung bleibt gerade so eben noch in der Remisbreite, z.B.} Bg2 86. Bc6 Kc8 87. Nf7 Be4 88. Kh6 Bd2+ 89. g5 Bf5 90. Kg7 Bc3+) 82. Bc8+ $3 {[#]} Kb8 83. Ba6 {und Schwarz kann nur noch unter massivem Materialverlust die Zugfolge Kd7, Sc6+, Kxc7 und Lb7# unterbinden, z.B.} Bxh3 (83... Bc4 84. Kd7 {ändert nichts}) 84. Nc6+ Ka8 85. Kd7 Bxg4+ 86. Kxc7 {nebst Matt.}) 77... Bg8 78. Nc6+ Kd7 79. Nb4 Ke7 80. Nc2 Be5 81. Ne1 Bc3 82. Nf3 Bf6 83. Nd2 Bc3 84. Ne4 Be5 85. Nd2 Bb2 86. Nf3 Bf6 87. Ke4 Kf8 88. Kf5 Kg7 89. Ne1 Be5 {endlich stellt der Weiße seine Gewinnversuche ein und lässt uns über zwei hart erkämpfte Mannschaftspunkte jubeln.} 1/2-1/2
Im Anschluss durften wir dann noch die Gedächtniskünste eines italienischen Kellners bewundern, der sich nicht nur ohne Notizen sechs unterschiedliche Hauptgerichte und Getränke merkte und alle auf dem richtigen Platz servierte, sondern uns auch noch ermutigte, Vorspeisen dazu zu wählen, weil ihn die Aufgabe anderenfalls offensichtlich unterforderte. Dabei konnten ihn nicht einmal so extravagante Dialoge wie "Bringen Sie mir dazu noch ein paar Nudeln" "Einfach so, ohne Soße?" "Nein, gern auch mit irgendeiner Soße" aus dem Konzept bringen.
(JH/17.12.)
Ergebnis:
|
Weisse Dame |
3½-4½ |
SK Marmstorf |
1 |
1 |
Popist, Florian |
2172 |
½:½ |
Carlstedt, Jonathan |
2454 |
1 |
2 |
2 |
Akca, Gani Eren |
2156 |
1:0 |
Kuberczyk, Christoph
|
2277 |
2 |
3 |
3 |
Lansky, Georg |
2071 |
0:1 |
Hawellek, Jeronimo |
2288 |
3 |
4 |
4 |
Mandelbaum, Peter-Rene |
2100 |
½:½ |
Rammé, Christoph |
2115 |
4 |
5 |
5 |
Ludwig, Jan |
2046 |
0:1 |
Müller, Jan Hendrik |
2138 |
5 |
6 |
6 |
Schiele, Lars |
2050 |
1:0 |
Hohlbein, Michael |
1974 |
6 |
7 |
7 |
Kuhle, Sebastian |
2026 |
0:1 |
Bach, Matthias |
2207 |
7 |
8 |
8 |
Umpierre, Christian
Purniel |
1990 |
½:½ |
König, Friedich Theodor |
1954 |
9 |
Bildliches:
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