Was war das?
Mit dieser Frage möchte ich die verschiedenen Geschehnisse
an diesem Abend zusammen fassen und ich denke, ich treffe
damit die Stimmung vieler Beteiligten.
Bereits gegen Mittag die ersten Vorboten dieses
merkwürdigen Tages: Michael hatte Stromausfall und wußte
nicht, ob er das Chaos bis zum Abend beherrschen würde.
Ich begab mich sofort auf die Suche nach Alternativen,
aber da die Vierte parallel spielte und ich dort keinesfalls
jemanden abziehen wollte, waren die Alternativen gering.
Zum Glück gab Michael im Laufe des Nachmittags zu verstehen,
dass sich das Chaos regeln ließ und er die Absicht hatte,
abends Schach zu spielen.
So traten wir denn zu acht an und trotz des
Ersatzes von Markus und Familie Grove auch mit einer
recht guten Truppe. Pech hatte allerdings mal wieder
Rolf am achten Brett. Wie schon im ersten Mannschaftskampf
bekam er einen deutlich stärkeren Gegner präsentiert
und verlor schnell und chancenlos. Auf diesen Umstand
hätten wir gerne verzichtet, aber er hatte auch einen
positiven Effekt: Es gibt Bilder von diesem Mannschaftskampf.
Nachdem wir also rasch mit 0:1 zurück lagen folgte
zur Sandmännchen-Zeit dann der erste „Aha-Effekt“. Lutz
gab in leicht schlechterer Stellung seine Partie auf
und verabschiedete sich nach Hause. Sein Gegenüber fragte
sich sicherlich „Was war das“ und nahm den Punkt mit.
Hier muss angemerkt werden, dass die Alternative ein
kampfloser Punkt gewesen wäre.
An Brett 7 hatte Winfried in der Eröffnung zunächst
einen Bauern eingestellt und verpasste zurück ins Spiel
zu kommen.
Rammè, Winfried (1287-4) – Weber, Kian (1402-24)
GER - chT HH Bezirksliga C Hamburg (5.7), 31.03.2017
Schwarz hatte sich verlockender Weise zwei Bauern
und die Qualität gegönnt. Problematisch sind für Schwarz
hier aber gleich mehrere Dinge: Die offene e-Linie,
der in der Mitte postierte und an der Rochade gehinderte
König und die bessere Entwicklung von Weiß, die sich
insbesondere durch die beiden Läufer sehr eingrenzend
für Schwarz auswirkt. Daher wäre jetzt 12. Te1+ eine
eigentlich folgerichtige und fast schon zwingende Fortsetzung
gewesen. Winfried entschied sich leider dafür, mit seinem
weißfeldrigen Läufer auf c6 (zu früh) zu schlagen. Nach
eben erwähntem Te1+ und schon erzwungenem 12. … Le6
folgt nämlich 13. Dc2 und der materielle schwarze Vorteil
ist nicht mehr viel wert, da die Drohungen auf die materielle
Rückgewinnung (nämlich dann tatsächlich Lxc6) immens
sind. Muss man aber auch erst einmal sehen. 0:1 im
31. Zug.
Michael fragte mich dann zwischenzeitlich, ob er
Remis machen dürfe. Zu dem Zeitpunkt der Frage stimmte
ich guten Gewissens zu, denn an Brett 7 würde es gleich
zum 0:3 führen, an Brett 2 hatte Jörg eine Qualität
weniger und es war keinesfalls zu sehen, dass wir noch
ganze drei volle Punkte hätten holen können. Überdies
war Michael nach seinem etwas ungewöhnlich verlaufendem
Tag sicherlich nicht bis zur späten Stunde konzentriert
und hatte leider in den vorherigen Partien stets spät
seine Partien, die eigentlich immer mindestens Remis
waren, irgendwie eingestellt. Ich konnte ja nicht ansatzweise
ahnen, was sich noch so alles ereignen würde.
Somit stand es 0,5 : 3,5 aus unserer Sicht
und in vier Partien schickte sich die erste Zeitkontrolle
an. An Brett 1 kam Andres ein bischen später zur Partie,
aber er hatte dennoch mehr Bedenkzeit. An Brett 2 hatte
Jörg die Qualität weniger, aber mehr Zeit und auch Raum
auf dem Brett. Gewinnen konnte er dies dennoch nicht,
das aber wollte Andi Albers gerne und lehnte das angebotene
Remis vor der ersten Zeitkontrolle ab. An Brett 3 hatte
ich ein wenig mehr Zeit als mein Gegenüber und eine
leicht bessere Stellung. Einen Gewinnweg sah ich nicht
und überlegte, wie es weiter gehen könnte. An Brett
5 hatte Gerhard die deutlich bessere Zeit. Stellungsmäßig
war für beide Seiten Futter vorhanden. Unklar, was an
diesem Brett passieren würde.
Ich überlegte offenbar zu lange und ich merkte
auch, dass da kein klarer Gedanke kam. Boriss, gegen
den ich bereits letztes Jahr gespielt (und verloren)
hatte, bot Remis und ich lehnte zunächst ab, um dann
kurze Zeit später (als sich bei Andres alles Richtung
Remis bewegte) doch anzunehmen, denn ich hatte inzwischen
ebenso wenig Zeit auf der Uhr wie Boriss (beide etwa
8 Minuten für noch 13 Züge). Auch jetzt frage ich mich
noch: „Was war das?“ als ich in dieser Stellung nichts
mehr versuchen wollte/konnte:
Barz, Stephan (1651-65) – Garbers, Boriss (1615-64)
GER - chT HH Bezirksliga C Hamburg (5.3), 31.03.2017
Nach erstmals 23. Se3-d5+ folgte 23. … Kd8.
Ich zog den Springer nochmals zurück nach 24. Se3
und Schwarz begnügte sich wiederum mit 24. … Ke7.
Der Plan besteht hier ganz klar im Vormarsch der
Bauern auf dem Damenflügel. Das war mir klar (warum
spiele ich also nicht weiter?), wußte aber nicht in
welcher Reihenfolge hier zweckmäßig vorzugehen ist.
Soll ich auf e6 tauschen oder nicht? Muss ich zuerst
a4 oder c4 oder weder noch ziehen? Wie bekomme ich meinen
schwarzfeldrigen Läufer ins Spiel? Geht d4? Droht mir
etwas auf dem Königsflügel, wenn ich mich jetzt Richtung
Damenflügel bewege? Kurzum: Mir fiel zum einen zu viel
und zum anderen einfach nichts planvolles mehr ein und
die Zeit kroch dahin und – das muss ich auch mal klar
sagen – ich hatte an diesem Abend nicht den Arsch in
der Hose das Ding durchzuziehen. Als Mannschaftsführer
mit Vorbildfunktion ganz schlecht. Remis im 27. Zug.
Kurze Zeit später fand an Brett 1 der von mir bereits
gesehene und unvermeidbare Friedensschluss statt. Andres
stand zwar zwischenzeitlich recht aussichtsreich, aber
wo war der Gewinn? Hier?
Peschke, Andres (1866-13) – Wolfram, Tom (1663-41)
GER - chT HH Bezirksliga C Hamburg (5.1), 31.03.2017
Schwarz hatte soeben 17. … Da5 gezogen und Andres
erwiderte 18. Lc3. Erst in der heimischen Analyse
fiel auf, das hier 18. Sxf7 mit Bauerngewinn geht.
Remis im 38. Zug.
Somit war der Drops gelutscht, denn es stand 1,5:4,5.
Jörg bot daraufhin nochmals Remis an. Zurecht, denn
die Qualität die Andi mehr hatte wurde durch die aktivere
Stellung von Jörg aufgewogen und es wäre nur unter Rückgabe
der Qualität mit versuchtem Bauerngewinn ein Gewinn
möglich. Diesen strebte Andi ebenfalls zurecht an, denn
– wie er später anmerkte – der Mannschaftskampf war
ja bereits gewonnen. Hätte ich alles verstanden, wenn
Andi auch noch die Zeit dafür gehabt hätte. So aber
fällt die Partie, die eigentlich Remis war, ebenfalls
unter die Rubrik „Was war denn das?“.
Ich weiß nicht genau, ob es hier war, als Jörg Remis
anbot, aber irgendwie um diese Zugzahl des 56. Zuges
herum kam das zweite Remisangebot, welches Andi (bei
9 Minuten und Jörg bei 25 Minuten Restzeit sah) ablehnte:
Albers, Andreas – Thies, Jörg (1867-25)
GER - chT HH Bezirksliga C Hamburg (5.2), 31.03.2017
Gerhards Partie liegt mir leider (noch) nicht vor.
Am Ende stand ein Endspiel mit beidseits K+D+T und einigen
Bauern auf dem Brett. Beide Seiten hatten Drohungen,
aber Gerhards Gegner die offensichtlich deutlich schlechtere
Zeit. Was letztendlich zur Gerhards Gewinn führte ist
für das Ergebnis aber nicht wichtig. Ich freue mich
über den ganzen Punkt.
Was war das nun?
An den beiden unteren Brettern waren wir chancenlos.
Oben konnten wir gegenhalten. In der Mitte war es ausgeglichen.
Daraus resultiert dann eine knappe Niederlage.
Da wo wir nominelle Vorteile hatten (Brett 1 und
6) konnten wir nicht volle Punkte einfahren. Auch nur
ein Weiß-Sieg ist zu wenig, um einen Mannschaftskampf
zu gewinnen.
Nächste Woche kommt die (für mich) Überraschungsmannschaft
von St. Pauli 6 zu uns. Danach haben wir noch die direkte
Konkurrenz gegen den Abstieg, der stetig näher rückt.
Stephan Barz (31.03.2017)
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