Landesliga 21/22

FC St.Pauli II - SK Marmstorf 6½:1½

Sonntag, den 21.11.2021
Spielort:  FC St. Pauli Clubheim, Harald-Stender-Platz 1, 20359 Hamburg


Spielbericht

Am zweiten Spieltag der Landesliga war unsere Erste bei St. Pauli II zu Gast. Dabei durften wir uns fraglos als Außenseiter gegen den Favoriten unserer Staffel fühlen, konnten aber immerhin auf ein 4:4 in der Vorsaison gegen eine zumindest ähnlich zusammengesetzte zweite Mannschaft von St. Pauli verweisen, wobei man freilich erwähnen sollte, dass es bei der Partie im August um nichts mehr ging und unsere Gegner damals auch nur zu siebt angetreten waren. Dies wiederholte sich diesmal nicht und so begann nach einigen Diskussionen um die Handy-Regelungen der Mannschaftskampf mit zwei kompletten Achter-Teams.

Als ich bei meinem ersten Rundgang auf die Bretter sah, beschlich mich bereits ein ungutes Gefühl, dass an diesem Tag nicht viel zu holen sein würde. Friedrich hatte sein Läuferpaar aufgegeben und Gegenwert war kaum zu erkennen. Peter hatte eine mobile und potenziell unangenehme Bauernmehrheit am Königsflügel gegen sich. Jan Hendriks unorthodoxer Ansatz gegen die unorthodoxe Eröffnung seines Gegners erschien mir irgendwie suspekt. Matze stand mit Raumnachteil etwas gedrückt, aber das sah alles noch halbwegs normal aus. Jens hatte eine symmetrische Struktur mit etwas Entwicklungsrückstand, der allerdings nicht besonders beunruhigend wirkte. Ich selbst hatte in der Eröffnung und im frühen Mittelspiel etwas zu zögerlich agiert und meine Stellung wurde zusehends unangenehmer. Einzig an unseren Spitzenbrettern konnte man sich ein wenig Hoffnung machen: Holger hatte eine Grünfeld-Struktur mit vertauschten Farben, die durchaus einen anspruchsvollen Eindruck machte, während Jeronimos Dameninder zumindest für mich als laienhaften Betrachter immer verworrener wurde.

Als ich mich nach überstandener Zeitkontrolle im Spielsaal umsah (ich saß mit Blick Richtung Wand), stellte ich fest, dass alle anderen Partien bereits beendet waren; der Spielstand betrug 1:6 aus unserer Sicht. Was war passiert?

Jens hatte wie erwartet die leichte Initiative seines Gegners neutralisiert und ein Remis vereinbart.

Holger spielte „eine Seeschlange“ (Zitat Peter) von insgesamt 20 Zügen. Er und sein Gegner tauschten viel Material ab und so war das Remis nach dem Übergang ins Endspiel unterschriftsreif; die Remisbreite wurde wohl nie ernsthaft getestet.

Matze tauschte seinen Fianchetto-Läufer ab und die gegnerische Dame nistete sich auf f3 ein. Als der Gegner anschließend auch noch seinen h-Bauern bis h3 vorstoßen konnte, war Matt auf g2 unvermeidlich.

Jan Hendrik hatte nach eigener Aussage den Versuch unternommen, die ungewöhnliche, aber keineswegs schlechte Antwort seines Gegners auf das Damengambit „durch aktives Figurenspiel zu bestrafen“. Dabei geriet er immer mehr „auf die schiefe Bahn“, seine Struktur war inzwischen von diversen Schwächen gekennzeichnet und wurde zusehends unangenehmer. Schließlich verlor er einen Bauern. Tapfer kämpfte er weiter, stand am Ende aber in zu vielen Fesselungen und büßte weiteres Material ein.

Friedrich öffnete die Stellung wohl etwas zu unvorbereitet. Sein Gegner konnte daraufhin mit seinen Türmen auf die siebte Reihe eindringen. Ein taktischer Schlagabtausch folgte, funktionierte aber leider nicht (Details s.u.), woraufhin der König von den gegnerischen Schwerfiguren zur Strecke gebracht wurde.

Peter bekam tatsächlich zunehmend Probleme mit den vorstoßenden Königsflügelbauern seines Gegners. In der Folge verlor er einen Bauern und einige Züge später die Partie.

Jeronimo wurde zum Pechvogel des Tages. Nach eigener Aussage hatte er sich eine klar überlegene Stellung erspielt, um dann im 39. Zug die Zeit aus den Augen und die Partie durch Zeitüberschreitung zu verlieren. Zum exakten Verlauf der Partie kann bzw. möchte ich hier nicht viel schreiben, da mir die veröffentlichte Partienotation doch einige Fehler zu enthalten scheint (alternativ müsste ich beiden Spielern einige anfängerhafte Schnitzer wie einzügige Dameneinsteller unterstellen).

Blieb beim Stand von 1:6 also noch meine bedeutungslos gewordene Partie. Im Nachhinein bin ich überrascht, wie optimistisch Stockfish meine unangenehme Mittelspielstellung lange Zeit noch bewertet. Mein Gegner hatte einen nahezu unvertreibbaren Springer auf b6 installiert, sodass ich seinen Schwerfiguren auf der offenen c-Linie nichts entgegenstellen konnte. Hinzu kamen ein allgemeiner Raumnachteil im Zentrum und am Damenflügel. Dagegen hatte ich ein Läuferpaar (gegen seine beiden Springer), das allerdings noch nicht sehr viel Aktivität entfaltete. Meinen Versuch eines Gegenangriffs am Königsflügel befürwortet auch der Computer, die Durchführung missriet allerdings und so wurde es plötzlich mein König, der sich Sorgen machen musste. Nachdem mein Gegner in beiderseitiger Zeitnot ein taktisches Versehen meinerseits ungenutzt ließ und mir dann auch noch den Gefallen tat, die Damen abzutauschen, durfte ich danach das Endspiel mit einem Bauern weniger verteidigen, was mir – wie so oft in weit über fünf Stunden Spielzeit – letztlich auch gelang.

Damit insgesamt 1,5:6,5 aus unserer Sicht. Auch wenn es sicherlich der Favorit unserer Staffel war, bei dem wir hier unter die Räder gekommen sind, ist das Ergebnis doch ernüchternd. In den nächsten Runden werden wir uns steigern müssen, um das Tabellenende möglichst schnell hinter uns zu lassen.

 Zum Abschuss noch eine taktisch interessante Stellung aus dem Mannschaftskampf. Weiß hat aufgrund seiner aktiveren Türme hier einen unbestreitbaren Vorteil, aber Schwarz (Friedrich) kann durchaus noch kämpfen.

Er entschied sich hier für das durchaus naheliegende 27…Lxg3?, mit der Idee 28.fxg3 Txe3. Dies hätte jedoch nicht funktioniert wegen 29.Txb7! und Weiß behält in allen Varianten mehr Material, z.B. 29…Dc5 30.Df2 oder 29…Txe2+ 30.Txb6 Te3 31.Txc6. Sein Gegner spielte stattdessen das nicht ganz so starke, aber letztlich ebenfalls Gewinn bringende 28.Lxh5 und nach 28…Lxf2+(?) 29.Kxf2 gxh5 30.Df3 f5 31.Dg3+ stellte sich heraus, dass die Öffnung der g-Linie nur dem Weißen genützt hat. Schwarz gab auf.

(CR/29.01.)

Nachtrag zum Spielbericht

Inzwischen liegt mir Jeronimos korrekte Partienotation vor, insofern noch ein kleiner Nachtrag dazu.

[Event "Landesliga"] [Site "Hamburg"] [Date "2021.11.21"] [Round "2.2"] [White "Jahncke, Giso"] [Black "Hawellek, Jeronimo"] [Result "1-0"] [ECO "E17"] [WhiteElo "2311"] [BlackElo "2268"] [Annotator "CR"] [SetUp "1"] [FEN "6k1/pnq2ppp/1p3n2/5N2/2p1rP2/B1P3P1/P2Q3P/5RK1 b - - 0 22"] [PlyCount "34"] [EventDate "2021.??.??"] [EventType "team-tourn"] [EventRounds "9"] [EventCountry "GER"] [WhiteTeam "FC St. Pauli II"] [BlackTeam "SK Marmstorf"] [WhiteTeamCountry "GER"] [BlackTeamCountry "GER"] {[%evp 0,77,21,21,21,27,27,6,33,17,14,8,16,10,24,13,37,-6,-4,-10,-14,-45,-36, -45,-57,-57,-57,-57,-79,-140,-110,-117,-117,-103,-103,-117,-117,-117,-107,-117, -83,-91,-89,-89,-92,-85,-105,-90,-97,-94,-94,-94,-103,-104,-104,-104,-104,-142, 0,-68,0,0,-7,-44,-26,-26,-44,-44,-26,-44,0,-26,-26,-26,4,-9,-10,-17,-26,-20] [#]} {Nach der Eröffnung hat sich Jeronimo mit Schwarz einen Mehrbauern und die aktivere Stellung erarbeitet. An dieser Stelle ließ er seine Bedenkzeit allerdings von 29 auf 6 Minuten herunterlaufen, was nach 22 Zügen natürlich keine so optimale Einteilung ist...} 22... g6 $2 {„Wenn du über einen Zug länger als 20 Minuten nachdenkst, kommt meistens ein Fehler dabei heraus“, hat mir mal jemand gesagt. Nach einfachen Zügen wie 22…h6, 22…h5 oder 22…b5 hätte Schwarz hier einen großen Vorteil behalten. Der Partiezug gibt Weiß unnötige Chancen.} 23. Nh6+ Kg7 24. f5 Qe5 25. fxg6 fxg6 {[#]} 26. Nf7 $1 {Und plötzlich wird es unübersichtlich - nicht optimal, wenn man in Gewinnstellung noch 15 Züge auf Inkrement spielen muss! Es droht Dh6+, daher muss der Springer geschlagen werden.} Kxf7 27. Qd7+ Kg8 28. Qxb7 Qe6 $2 { Dieser Zug wirft den Vorteil weg.} ({Stattdessen} 28... Qxc3 {und Schwarz behält die Oberhand, aber in Zeitnot ist es fast unmöglich, den Überblick zu behalten, z.B.} 29. Qb8+ Re8 30. Qd6 Kg7 31. Qc7+ Kh8 32. Qd6 Re1 {zum Erfolg, da} 33. Qf8+ {jetzt kein Matt mehr ist, sondern mit} Ng8 {beantwortet werden kann.}) 29. Qb8+ ({Die Alternative} 29. Rxf6 $5 {wäre ein Schock gewesen, führt aber auch zum Remis, wenn Schwarz einige einzige Züge findet:} Re1+ 30. Rf1 Qe3+ 31. Kg2 Rxf1 32. Kxf1 Qd3+ 33. Kg2 Qe2+ {und Schwarz kann Dauerschach geben.}) 29... Ne8 30. Qxa7 Re1 {Die Stellung ist nun objektiv ausgeglichen, aber natürlich ist noch einiges los.} 31. Rxe1 Qxe1+ 32. Kg2 Qe2+ 33. Kg1 Qd1+ 34. Kg2 Qc2+ 35. Kh3 Qf5+ 36. Kg2 Qe6 {Angesichts der knappen Zeit eine übliche Maßnahme, hier durch einige Schachs wieder zusätzliche Zeit zu gewinnen.} 37. Qa8 h5 38. Qf3 Nf6 39. h4 {[#] ZÜ} ({ Objektiv ist die Stellung immer noch ausgeglichen, aber aufgrund des berüchtigten Duos D+S in solchen Endspielen mit geschwächten Königen kann man als Schwarzer durchaus noch sein Glück versuchen. Eine Fantasievariante aus der Post-mortem-Analyse ging z.B. so:} 39. h4 Ng4 40. Qa8+ Kg7 41. Qb7+ Qf7 42. Qxb6 $4 {das spielen wohl nur ausgewiesene Materialisten und Leichtsinnige, aber trotzdem amüsant} Qd5+ 43. Kf1 Qd1+ (43... Qh1+ 44. Ke2 Qg2+ 45. Kd1 Nf2+ 46. Kd2 Nd3+ 47. Kd1 Qf1+ 48. Kd2 Qe1+ 49. Kc2 Qe2+ 50. Kb1 Qd1+ {war unsere Fortsetzung.}) 44. Kg2 Qe2+ 45. Kg1 Qe1+ 46. Kg2 Ne3+ 47. Kf3 Qf1+ 48. Ke4 Qd3+ 49. Ke5 Qd5+ 50. Kf4 Ng2# {und das D/S-Duo hat den armen weißen König zur Strecke gebracht.}) 1-0

Angesichts solcher Ideen durchaus logisch, dass Jeronimo die aufgrund der schnell ausgeführten letzten Züge hinzugewonnenen drei Minuten Bedenkzeit nutzen und über das weitere Vorgehen nachdenken wollte. Leider verlor er dabei die Zeit aus den Augen und brauchte die Zeit komplett auf, daher Niederlage durch Zeitüberschreitung. Sehr schade nach so einer gehaltvollen Partie, aber zum Glück wenigstens für den Ausgang des Mannschaftskampfs irrelevant.


 

Ergebnis:

  FC St.Pauli II 6½-1½ SK Marmstorf
1 1 Trisic, Aleksandar 2343 ½:½ Hebbinghaus, Holger 2298 1
2 2 Jahncke, Giso 2311 1:0 Hawellek, Dr. Jeronimo 2268 2
3 3 Stenner, Patrick 2256 1:0 Müller, Jan Hendrik 2126 3
4 4 Breyther, Rüdiger 2250 ½:½ Rammé, Christoph 2137 4
5 5 Mitscherling, Andreas 2200 ½:½ Diekmann, Jens 2069 5
6 6 zur Lage, Julian 2161 1:0 König, Friedrich Theodor 1901 7
7 7 Priebe. Jan 2180 1:0 Peschke, Matthias 2014 8
8 8 Richter, Maik 2172 1:0 Anderberg, Peter 2008 10


 

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