Nachdem mich verschiedene Leute auf den Knien
angefleht und mehrstellige Summen dafür geboten
haben, sie doch in die Geheimnisse des legendärsten
Kartenspiels aller Zeiten einzuweihen, möchte ich
mich an dieser Stelle aus purer Gutmütigkeit all
der Unwissenden erbarmen und veröffentliche hiermit
die aller neueste, aktualisierte Ausgabe der
MARMSTORFER BROKDORFREGELN (Fassung vom
01.01.2004)
§ 0 Vorbereitungen
Man benötigt zu diesem höchst anspruchsvollen Spiel
ein normales Skatblatt, mit dem dann 2 bis 6 Spieler
spielen können. Langjährige Erfahrung lehrte uns,
dass die optimale Spieleranzahl bei 4 liegt; erträglich
sind auch noch 5. Das Spielen mit 2 oder 3 Spielern
hat zwar auch seinen Reiz, doch wird hierbei die
wahre Spielstärke eines echten Brokdorfstrategen
leicht durch Glück und schamloses Lügen von Seiten
seiner Mitspieler abgeschwächt. Bei 6 Spielern dauert
es einfach zu lange, bis man seine 50 Cent bekommt.
Ansonsten braucht jeder Spieler selbstverständlich
noch eine Menge 50-Centstücke, und sollte jemand
etwas schuldig bleiben, so ist dies als höchst unehrenhaft
zu betrachten.
§ 1 Das Ziel des Spiels
Am Anfang sind alle Spieler gleich: jeder hat 15
Punkte. Das Streben eines jeden Spielers sollte
es nun sein, diese Anzahl zu vermindern. Sollte
nämlich ein Spieler 0 Punkte erreichen oder 25 Punkte
überschreiten, so ist die Spielrunde beendet, und
derjenige Spieler, der die meisten Punkte hat, muss
nun an alle Anderen je 50 Cent bezahlen (es gibt
keinen ermäßigten Studententarif). Es gibt also
nur einen Verlierer und viele Gewinner (außer beim
Durchmarsch, s. § 8). Haben mehrere Spieler am Ende
die gleiche Punktzahl, so muss der Verlierer durch
ein Stechen ermittelt werden (s. § 7). Eine Runde
kann erst dann neu begonnen werden, wenn jeder Gewinner
seine 50 Cent hat.
§ 2 Das Geben
und das Schreiben Eine Runde besteht
aus mehreren Spielen. Ein Spieler schreibt die Punktstände
mit und muss sie von Zeit zu Zeit klar und deutlich
ansagen. Zu Beginn jeden Spieles erhält jeder Spieler
5 Karten. Gegeben wird 2-1-2. Geben tut immer der
Spieler, der das letzte Spiel gemacht hat. Am Anfang
einer neuen Runde darf der Verlierer der alten Runde
bestimmen, wer schreibt und wer zuerst gibt.
Hat ein Spieler fünf „Luschen" (7, 8 oder 9) erhalten,
und sind darunter nicht drei der gleichen Farbe,
muss neu gegeben werden. Einmaliges Vergeben
wird verziehen. Beim zweiten Mal gibt’s 5 Strafpunkte,
beim dritten Mal ist die Runde zu Ungunsten des
Gebers beendet.
§ 3 Die Kartenwerte Die Reihenfolge
der Karten innerhalb der Farben ist: As-Zehn-König-Dame-Bube-Neun-Acht-Sieben.
Eine der vier Farben wird vor jedem Spiel zum Trumpf
erklärt. Dies tut derjenige Spieler, der die meisten
Stiche angesagt hat und somit das Spiel macht.
§ 4 Das Ansagen Der Spieler
links vom Kartengeber beginnt mit dem Ansagen: Er
spricht eine Zahl zwischen 5 und 0 aus und teilt
seinen Mitspielern mit, wie viele Stiche er glaubt
zu machen, wenn er die Trumpffarbe bestimmen und
selbst herauskommen dürfte. Nun geht es im Uhrzeigersinn
weiter. Der nächste Spieler muss anhand seines Blattes
abschätzen, ob er es verantworten kann, eine höhere
Zahl zu nennen. Tut er dies nicht, so sagt er „GUT".
Der Spieler, der, nachdem jeder an der Reihe war,
die höchste Zahl angesagt hat, darf die Trumpffarbe
bestimmen. Sollten alle Spieler „GUT" gesagt haben,
wird neu gegeben. Der Spieler, der die Trumpffarbe
bestimmt hat, fragt nun seinen Nachbarn zu seiner
Linken, ob er mitspielen will. Dieser muss sich
überlegen, ob er mit seinem Blatt bei bereits vorgegebener
Trumpffarbe einen Stich zu bekommen glaubt. Tut
er dies, so kann er „MIT" sagen und spielt mit.
Ansonsten sollte er „WEG" sagen und seine Karten
- ohne sie vorher zu zeigen - auf den Stapel auf
dem Tisch legen. Nachdem dies alle Spieler im Uhrzeigersinn
getan haben, weiß man, wer mitspielt, und der Spieler,
der die Trumpffarbe bestimmt hat, spielt aus. Er
gewinnt alle Stiche, wenn kein anderer Spieler mitgeht.
§ 5 Die Punkte Für jeden
Stich, den ein Spieler bekommt, wird ihm ein Punkt
abgezogen. 5 Strafpunkte bekommt man in zwei Fällen:
wenn ein Spieler mitgeht, ohne einen Stich zu machen,
und wenn ein Spieler weniger Stiche bekommt, als
er angesagt hat. Letzteres gilt natürlich nur, wenn
dieser Spieler auch den Trumpf ansagen durfte. Die
Anzahl der Mitspieler oder die Höhe der Karten,
die man erbeutet hat, hat keinen Einfluss auf die
Punkte. Ein Spieler, der keine Runde mitspielt,
hat kein Anrecht auf Bezahlung.
§ 6 Rauskommen und Bedienen
Beim ersten Stich kommt der Spieler heraus, der
den Trumpf bestimmt hat. Bei den restlichen 4 derjenige,
der den jeweils letzten Stich gemacht hat. Es muss
bedient werden. Kann man dies nicht, so muss man
stechen, auch wenn bereits ein höherer Trumpf gefallen
ist. Nur wenn auch dies nicht möglich ist, darf
man abwerfen. Weiterhin müssen, wenn möglich, die
schon auf dem Tisch liegenden Karten der Mitspieler
überboten werden. Sollte jemand dabei erwischt werden,
dass er diese Regeln verletzt, so werden ihm die
in diesem Spiel erbeuteten Stiche aberkannt, wodurch
er selbstverständlich 5 Strafpunkte erhält. Sollte
im Wiederholungsfall der dringende Verdacht der
betrügerischen Absicht vorliegen, so wird der betreffende
Spieler vom weiteren Spielgeschehen ausgeschlossen,
nachdem er als Verlierer der laufenden Runde an
jeden 50 Cent bezahlt hat.
§ 7 Das Entscheidungsspiel
Muss der Verlierer durch ein Stechen ermittelt werden,
ziehen alle Spieler, die stechen müssen, eine Karte.
Wer die höchste zieht (es zählt zuerst die Farbe,
dann der Kartenwert), darf bestimmen, wer gibt -
und damit auch, wer zuerst ansagt. Sollte jemand
in diesem Entscheidungsspiel 5 Strafpunkte bekommen,
so hat er natürlich verloren. Ansonsten zahlt derjenige
Spieler, der am wenigsten Stiche macht.
§ 8 Der Durchmarsch Sollte
es einem Spieler gelingen, nach den ersten drei
Spielen einer Runde 0 Punkte zu erreichen, und damit
ausgemacht haben, so bekommt er von jedem Mitspieler
50 Cent. Falls einer dieser Mitspieler so dumm war,
bei mindestens einem dieser drei Spiele mitzugehen,
dadurch Strafpunkte bekam und somit mehr Punkte
als die anderen Mitspieler hat, so zahlt er für
seine Mitspieler je 50 Cent an den Gewinner.
Nachspann: Bei eventuellen
Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der
Regeln muss man sich einigen oder den Bürgermeister
von Brokdorf anrufen und um Rat fragen.
Verbesserungsvorschläge sind schriftlich bei
mir einzureichen oder im nüchternen Zustand Sonntag
morgens mir vorzutragen.
Der Verfasser schließt jegliche Haftung für verlorene
Vermögen und verlängerte Wartezeiten beim Sozialamt
aus und möchte hiermit deutlich darauf hinweisen,
dass er nicht beabsichtigt, zum unerlaubten Glücksspiel
aufzufordern.
Martin Söllig (co. Jens Diekmann)
Das Rathaus von Brokdorf ist unter folgender
Adresse zu erreichen:
Rathaus Brokdorf c/o Amt Wilstermarsch Kohlmarkt
25 25554 Wilster Tel: (04823) 9482-0 Fax:
(04823) 948220
HH / 01.01.04
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Die Urfassung stammt von Martin
Söllig. Sie wurde im Rundschreiben 65 im Januar
1986 veröffentlicht.
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