Erstmals hat sich eine Marmstorfer Mannschaft für die Deutsche
Pokalmannschaftsmeisterschaft qualifiziert! Dabei half uns,
dass wir nicht nur eine der DWZ-stärksten Mannschaften waren,
sondern auch Losglück hatten, so dass uns HSK 1 erst im Finale
begegnete. Die Hamburger Pokalmeisterschaft wird jedes Jahr
mit Vierermannschaften im K.o.-System gespielt. Bei einem 2:2
entscheidet die Berliner Wertung, gibt es auch da einen Gleichstand
folgt ein Blitzstechen. Die Aufstellung kann in jeder Runde
unter vier Spielern aus einer im Vorfeld gemeldeten Rangliste
frei gewählt werden. Die Bedenkzeit betrug in diesem Jahr 1
Stunde für die Partie und 30 Sekunden pro Zug. Das hat den Vorteil,
dass man sehr bequem zwei Partien an einem Tag spielen kann
und sich dadurch nicht so viele Tage für das Turnier freihalten
muss. Auf der anderen Seite erweist sich diese Zeit als ziemlich
kurz für eine Turnierpartie, vor allem, wenn man zu den Menschen
gehört, die schon bei einer normalen Bedenkzeit gern mal in
Zeitnot geraten. Für das Finale hatte uns der Spielleiter
ein Heimspiel zugelost. Das bedeutete, dass wir an Brett 1 und
4 Schwarz hatten. Der Kader unseres Endspielgegners HSK I bestand
ausschließlich aus Bundesliga- bis Oberligaspielern. Da der
HSK im Viertel- und Halbfinale mit GM Luis Engel an Brett 1
angetreten war und eine Niederlage am Spitzenbrett im Hinblick
auf die Berliner Wertung nur sehr schwer aufzuholen sein würde,
versuchte ich mein Glück und fragte bei Jonathan an, ob er zufällig
an dem in Aussicht genommenen Termin Zeit hätte. Wir hatten
Glück, dass Jonny an dem Sonntag ohnehin schon einen beruflichen
Termin in Hamburg hatte, den er mit einem Einsatz bei uns kombinieren
konnte. Damit kam es zu dem wohl bestbesetzten Mannschaftskampf,
an dem je ein Marmstorfer Team beteiligt war.
Spannung entwickelte sich zunächst an den beiden hinteren
Brettern. Bei mir kam es zu einer originellen Doppelung in der
Eröffnung, in der jeder Spieler einmal seinen Läufer nach f4
bzw. f5 spielte (bzw. in der englischen Notation auf das Feld
KB4), um diesen anschließend nach einem Doppelzug des gegnerischen
Königsbauern in die eigene Festung zurückzuziehen. Damit entstand
eine Alt-Benoni-Struktur, in der ich meinen Raumvorteil zu einem
Angriff am Königsflügel nutzen wollte. Der entscheidende Moment
ergab sich nach dem 22. Zug:
Hawellek, Jeronimo (2288) - Woelk, Tom Frederic (2361)
GER - chT HH Cup (5.3), 24.09.2023
[Event "GER - chT HH Cup"]
[Site "Hamburg"]
[Date "2023.09.24"]
[Round "5.3"]
[White "Hawellek, Jeronimo"]
[Black "Woelk, Tom Frederic"]
[Result "0-1"]
[WhiteElo "2361"]
[BlackElo "2288"]
[Annotator "JH"]
[SetUp "1"]
[FEN "r2qrnk1/3b2np/pp1p2p1/2pPp3/P3P1PN/5PN1/1PPQ4/R1K2B1R w - - 0 23"]
[PlyCount "32"]
[EventDate "2023.08.27"]
[EventType "team-k.o."]
[EventRounds "5"]
[EventCountry "GER"]
[SourceVersionDate "2023.09.02"]
[WhiteTeam "Marmstorf Cup"]
[BlackTeam "HSK Cup"]
[WhiteTeamCountry "GER"]
[BlackTeamCountry "GER"]
{[%evp 0,32,67,91,89,-8,62,62,49,31,24,14,21,28,-2,-29,-73,-68,-91,-124,-162,-178,-111,-174,-176,-176,-176,-319,-429,-452,-738,-758,-761,-834,-1262]} {[#] Weiß wird ohne Opfer in der h-Linie nichts erreichen können, da der h7-Bauer ja zuverlässig vom Springer gedeckt ist. Ich kam deshalb auf den Gedanken} 23. Qh6 {zu spielen mit der Drohung, anschließend Shf5 folgen zu lassen. Wenn dieser Springer genommen wird, nimmt einer der beiden Bauern wieder (vermutlich der e-Bauer, damit auch der Lf1 eingreifen kann). Anschließend droht der Bauer nach f6 zu gehen, weil der Springer von g7 ja kein Fluchtfeld besitzt. Der Springer kann sich auch nicht einfach ein Fluchtfeld verschaffen, weil dies nur mit Te7 ginge, aber dann gewinnt f6 natürlich auch die Figur zurück. Tom fand nun den stärksten Verteidigungszug} Re7 {und nach} 24. Nhf5 {verzichtete er darauf den Springer zu schlagen (obwohl mittlerweile selbst das gar nicht mehr so klar wäre, weil der Springer g7 ja nach e8 ausweichen kann), sondern spielte} ({Mit Rechnerhilfe erweist sich vor allem dieser Zug als falsch. Stockfish empfiehlt mit} 24. Qg5 {ein klar vorteilhaftes Endspiel anzusteuern.}) ({oder – ein ganz tiefes Konzept -} 24. Nxg6 hxg6 {um anschließend mit Le2, Kd2, Taf1 und f4 ganz langsam die letzten Reserven ins Feld zu führen}) 24... Rf7 {Das hatte ich leider völlig aus dem Blickfeld verloren, weil ich gedacht hatte, dass Schwarz wegen des hängenden d-Bauern gezwungen sei, den Springer zu schlagen. [#]} {Nachdem ich fast die gesamte verbliebene Restbedenkzeit aufgebraucht hatte, entschied ich mich für} 25. Nxg7 ({Tatsächlich steht Schwarz aber nach} 25. Nxd6 Rxf3 {schon besser.}) {, aber nach} 25... Rxg7 {hatte Schwarz den Königsflügel gesichert. Nach zwei weiteren Ungenauigkeiten von mir, konnte Schwarz am Damenflügel eine Linie öffnen und entschied die Partie schnell für sich.} 26. g5 b5 27. a5 Rf7 28. Be2 b4 29. b3 Bb5 30. Kd2 Bxe2 31. Kxe2 c4 32. Nf1 cxb3 33. cxb3 Rc8 34. Ne3 Rc3 35. Rhb1 Qc8 36. Qh4 Rxe3+ 37. Kxe3 Qc3+ 38. Ke2 Qxf3+ 0-1
Zurück
zur Stellung nach dem 22. Zug:

Meine Idee war grundsätzlich
richtig, musste aber einen Zug eher gespielt werden. Nach 23.
Shf5! steht Weiß auf Gewinn. Es droht in erster Linie der Damengewinn
mit Sf5-h6-f7. Nimmt Schwarz 23... gxf5, folgt 24. exf5 und
Schwarz wird zwingend die Figur zurückgeben müssen. Es droht
(wie in der Partie angedacht) 25. Dh6 nebst f6, wogegen 24...
Df6 wegen 25. Th6 offenkundig nicht hilft. Die beste Fortsetzung
wäre noch 24...Te7 25.f6 Tf7 26. fxg7 Txg7, um den Turm statt
des Springers in die Verteidigung einzubinden, aber der weiße
Angriff spielt sich in der Folge mit Ld3 nebst Sf5 oder Sh5
von selbst. Auch wenn Schwarz statt mit dem g-Bauern mit einer
der Leichtfiguren auf f5 nimmt, wird sich der Königsflügel öffnen,
denn ein Abriegeln mit z.B. 23....Lxf5 24.exf5 g5 scheitert
ja daran, dass sich nach 25. Se4 der Bauer g5 nicht verteidigen
lässt.
Matze hatte an Brett vier zunächst einen Bauern ohne
sofort ersichtliche Kompensation gegeben. In der Folge gelang
ihm aber, ohne dass ich gesehen hätte, wie dies der Fall war,
ein Qualitätsgewinn. In komplexer Stellung mit nur noch einer
Minute machte Matze remis, da er zutreffend erkannt hatte, dass
wir nach meiner Niederlage nur noch mit einem Sieg an einem
der beiden vorderen Bretter gewinnen konnten, dass es dann aber
nicht mehr darauf ankäme, ob er remis spielt oder gewinnt.
Mein Blick richtete sich damit auf die beiden vorderen Bretter.
Kubi hatte im Leichtfigurenendspiel etwas mehr Raum, aber realistische
Gewinnversuche konnte ich nicht erkennen. Damit kommen wir zur
nach Elo sicherlich höchstklassigen Begegnung, die je in unserem
Vereinshaus stattfand.
Engel, Luis (2547) - Carlstedt, Jonathan
(2454) GER - chT HH Cup (5.1), 24.09.2023
[Event "GER - chT HH Cup"]
[Site "Hamburg"]
[Date "2023.09.24"]
[Round "5.1"]
[White "Engel, Luis"]
[Black "Carlstedt, Jonathan"]
[Result "1-0"]
[ECO "C87"]
[WhiteElo "2547"]
[BlackElo "2454"]
[Annotator "JH"]
[SetUp "1"]
[FEN "3r4/2Q2pk1/3r2p1/P5qp/1P3p2/2P4P/R2n1PP1/3R1B1K w - - 0 37"]
[PlyCount "43"]
[EventDate "2023.08.27"]
[EventType "team-k.o."]
[EventRounds "5"]
[EventCountry "GER"]
[SourceTitle "!Carlstedt Update 23"]
[SourceVersionDate "2023.09.24"]
[WhiteTeam "HSK Cup"]
[BlackTeam "Marmstorf Cup"]
[WhiteTeamCountry "GER"]
[BlackTeamCountry "GER"]
{[#] Jonathan hat den Damenflügel – wie man leicht erkennen kann – vollständig aufgegeben, doch sieht sein Angriff am Königsflügel nicht ungefährlich aus, da Züge wie Sxf1, f3 und h4 in der Luft liegen. Mit} 37. Qxd6 {stoppte Luis aber alle diese Angriffsideen. Nach Auffassung des Computers ist dies nicht einmal der beste Zug, aber ich finde ihn trotzdem bemerkenswert. Ich wäre bestimmt nicht auf den Gedanken gekommen, hier die Dame zu geben, aber sobald man den Zug sieht, versteht man die Logik. Das verbleibende Material (Turm, Läufer und die drei verbundenen Freibauern) sollten völlig ausreichen, um die Partie zu gewinnen und durch den Abtausch wird das schwarze Angriffspotential so weit reduziert, dass Weiß sich um seinen König keine Gedanken mehr machen muss. So einfach wie solche Sätze das suggerieren, ist Schach natürlich nicht und nach einer Ungenauigkeit im 40. Zug hatte Jonathan die Möglichkeit, ein Remis zu erzwingen: Es folgte} Rxd6 38. Raxd2 Rxd2 39. Rxd2 f3 40. Rd3 $6 (40. Rd1) 40... Qc1 ({und nun hätte Jonathan mit} 40... fxg2+ 41. Bxg2 Qc1+ 42. Kh2 Qc2 43. Rf3 (43. a6 Qxd3 44. a7 Qd6+ 45. Kh1 Qd1+ $11) 43... Qe2 {[#] eine Stellung erreichen können, in der Weiß keinen sinnvollen Zug mehr hat!}) 41. Kg1 fxg2 42. Kxg2 h4 43. Re3 f5 44. a6 f4 45. Rf3 g5 46. b5 Qd2 47. a7 Qd5 48. c4 Qb7 49. b6 Kh6 50. Be2 Qe4 51. Bd3 Qc6 52. Bf5 Kg7 53. c5 Kf6 54. Bd7 Qe4 55. Bg4 Ke5 56. Kh2 Kd4 57. Ra3 Qc2 58. a8=Q 1-0
Da 44. Tf4 De5 den Turm einstellt und auf 44. Kg1 Dd1+ den König
zurückzwingt, kann Weiß nicht weiterkommen. In der Partie gelang
es Luis hingegen, die erforderliche Koordination seiner Figuren
zu erreichen, um die Freibauern allmählich ins Ziel zu führen.
Damit war das Finale entschieden und in der letzten Partie an
Brett 2 konnte endlich das schon lange absehbare Remis vereinbart
werden.

Pokalfinale: Jonathan gegen GM Luis Engel - Fotograf: Tom-Frederic
Woelk
Nach dem Wettkampf sprach mich Björn
an, ob Jonathan nicht später noch eine Möglichkeit gehabt hätte,
die Partie sogar zu gewinnen:
So stand es nach dem 49.
Zug von Weiß und Björn hatte richtig erkannt, dass Schwarz mit
49...g4 mit der Idee 50. hxg4 h3+ den Turm gewinnen konnte.
Allerdings hätte sich der Großmeister damit wohl kaum ins Bockshorn
jagen lassen. Weiß reagiert mit 50. Le2 und nach gxf3 51. Lxf3
ist die Umwandlung des a-Bauern nicht zu verhindern. (JH/15.11)
|
SK Marmstorf |
1:3 |
Hamburger
SK |
1 |
1 |
Carlstedt, Jonathan |
2478-222 |
0:1 |
Engel, Luis |
2538-102 |
1 |
2 |
2 |
Kuberczyk, Christoph |
2275-99 |
½:½ |
Garner, Isaac |
2251-68 |
6 |
3 |
3 |
Hawellek, Jeronimo |
2257-118 |
0:1 |
Woelk, Tom-Frederic |
2348-123 |
5 |
4 |
4 |
Bach, Matthias |
2215-195 |
½:½ |
Avdic, Faris |
2118-20 |
11 |
|